Ligaaufstieg in der Erschließungsarbeit: Strategie, Ressourcen, Beteiligung, Umsetzung!

Beim Austauschtreffen der Werkstatt Erschließung vom 23.-24.02.2024 in Bielefeld haben vor allem haupt- aber auch ehrenamtliche Teilnehmende von innerhalb und außerhalb NRW einen noch tiefgreifenderen Blick auf die Weiterentwicklung der Erschließungsarbeit bei ver.di geworfen. Unserer Meinung nach ist dies jetzt überhaupt möglich, weil 2023 ein Meilenstein in der kollektiven Betriebs- und Tarifarbeit (KBTA) bei ver.di insgesamt war – die höchste Mitgliederentwicklung seit ver.di-Gründung und mehr Erschließungsarbeit denn je in der Regelarbeit – dank ehrenamtlichen Aktiven, Fachbereichssekretär*innen und externen Unterstützer*innen wie Organizi.ng. In den Diskussionen auf das Austauschtreffen kristallisierte sich klar heraus, worauf wir – sowohl jede*r von uns als auch wir als Organisation – uns jetzt konzentrieren sollen, um auf 2023 in diesem Jahr weiter aufzubauen und das Niveau unserer Erschließungsarbeit noch weiter zu erhöhen. Erfreulich ist das Erkenntnis: Es geht immer weniger um die Grundhaltung, wie unsere Arbeit umzusetzen ist – wo inzwischen mehr Einigkeit denn je herrscht – sondern eben um die Qualität in der Umsetzung unserer Arbeit.

Strategien & Ressourcen

Obwohl wir als ver.di in Sachen Planung weitergekommen sind, gab es einen breiten Konsens, dass wir insgesamt mehr auf unsere Strategien gucken müssen, im Vorfeld geplanter Erschließungsarbeit. Der Hunger nach größeren und tiefergehenden Diskussionen über Strategie war spürbar. Die Einbeziehung beteiligter ehren- und hauptamtlichen Kolleg*innen bleibe eine Herausforderung in unserer Organisation bei der Strategieentwicklung und bei der Planung.

Die betrieblichen Schwerpunktsetzungen, die uns nach der Umsteuerung bei ver.di besser als jemals gelungen sind, neigen immer noch dazu, irgendwann diffus zu werden. Eine systematischere Auswahl von Schwerpunktbetrieben, die mit klaren Kriterien läuft und mit klaren Zielen verbunden ist, muss aus Sicht der Teilnehmenden konsequenter verfolgt werden.  

Warum sollen Aktive überhaupt aktiv werden?

Die Rolle der betrieblichen Aktiven ist klar der Fokus unserer KBTA und Erschließungsarbeit. In der Erschließungsarbeit gilt eine einfache Formel: betriebliche Aktive und weitere Beschäftigte engagieren sich, wenn sie einerseits erkennen, dass ihr Einsatz lohnenswert ist, und andererseits verstehen, dass eine Nichtbeteiligung ihre Situation nicht ändern wird. Doch wirft diese Grundidee der Erschließungsarbeit unbequeme Fragen für unsere Organisation auf. Die Beteiligung an Tarifverhandlungen ist ein Beispiel davon, das es zu klären gilt. Wir dürfen auch nicht die Frage aufgeben, wie selbsttragende, ehrenamtliche Strukturen entwickelt werden können, denn ohne eine Lösung hierfür setzen wir unserem nachhaltigen Wachstum permanente Grenzen.

Zukunft jetzt

Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass die Auseinandersetzung mit den Instrumenten der Erschließungsarbeit schon bei der Jugend beginnen muss, wie in NRW bereits begonnen wurde. Auch für unsere Zukunft essenziell: Es ist entscheidend, gesellschaftliche Vielfalt mehr als nur widerzuspiegeln; vielmehr muss die Befähigung (Empowerment) von Beschäftigten mit unterschiedlichsten kulturellen und sprachlichen Hintergründen zum Standard unseres Denkens und Handelns werden, ob im Betrieb oder in unserer Organisation.

„…Unserer Meinung nach ist [der Ligaaufstieg] jetzt überhaupt möglich, weil 2023 ein Meilenstein in der kollektiven Betriebs- und Tarifarbeit (KBTA) bei ver.di insgesamt war – die höchste Mitgliederentwicklung seit ver.di-Gründung und mehr Erschließungsarbeit denn je in der Regelarbeit – dank ehrenamtlichen Aktiven, Fachbereichssekretär*innen und externen Unterstützer*innen wie Organizi.ng…

Vier Instrumente als Wegweiser

Eine weitere Devise wurde auch im Austauschtreffen breit getragen: Viele der Instrumente der Erschließungsarbeit bleiben Modewörter, die durchaus Begeisterung auslösen, die aber nicht wirklich bis fehlerhaft angewendet werden. Wir haben deswegen über die Anwendung konkreter Instrumente geredet, die für unseren Ligaaufstieg im Jahr 2024 entscheidend sein könnten.

  • Zum Beispiel, Arbeitsplatz- bzw. Teamkarten – Namenslisten mit ergänzenden Informationen – gehören absolut zum Ligaaufstieg. Das heißt, unser Mapping soll nicht mit einem Überblick auf alle Arbeitsbereiche oder Standorte aufhören (in der Werkstatt nennen wir das Instrument eine „Betriebslandkarte“), sondern es soll auch einen Feinblick ermöglichen, mit dem Aktive genau wissen, mit wem sie konkret reden sollen, um ihre Struktur effektiv auszuweiten, oder um bestimmte Aktionen flächendeckend umzusetzen.
  • Es kommen dazu Strukturtests, die diesen Namen richtig verdienen – das bedeutet Aktionen, mit denen wir unsere eigene betriebliche Struktur unter die Lupe nehmen, und sie weiterentwickeln, bis diese wasserdicht ist. Dadurch vermeiden wir sowohl in einen Kampf mit dem Arbeitgeber zu kommen, den Beschäftigte verlieren werden, als auch in einen Aktionismus zu verfallen, der die Durchsetzungsfähigkeit der Kolleg*innen im Betrieb nicht erhöht.
  • Der Einsatz von Arbeitsstreiks – also Streiks, bei denen nur die betrieblichen Aktiven aufgerufen werden – soll vielmehr als Möglichkeit betrachtet werden, unsere betrieblichen Strukturen systematisch aufzubauen, vor allem in Verbindung mit Arbeitsplatz- bzw. Teamkarten, und nicht bloß als Anspracheaktionen. Sowohl die sogenannten “Streikunis“ im Kita-Projekt zur Vorbereitung auf Arbeitsstreiks als auch die Strategie, dass mehrere Arbeitsstreiks hintereinander sinnvoll sein können, haben viel Begeisterung beim Austauschtreffen ausgelöst.
  • Das letzte Instrument, wo wir meinen, wir können damit unmittelbar das Niveau unserer Arbeit erhöhen, war eine durchdachte Prozessplanung, die eine konkrete Vision darstellt, wie Beschäftigte an Macht gewinnen können, um auch ehrgeizige Ziele zu erreichen. Damit meinen wir nicht nur den Plan, den wir als ver.di umsetzen, sondern auch wie wir diesen Plan an Beschäftigte kommunizieren. Dies wird in den USA als „Plan-to-Win“ („Erfolgsplan“) bezeichnet, weil es genau darum geht, für Beschäftigte machbare Schritte klarzumachen, wie sie ihre Ziele real erreichen können.

Diese vier Instrumente bilden nicht nur das Gerüst für eine zielgerichtete und strukturierte Erschließungsarbeit insgesamt, sondern stellen auch den Hebel dar, an dem wir jetzt ansetzen sollten, um unseren Ligaaufstieg zu realisieren.

Sí, se puede!1

Das Treffen in Bielefeld hat uns nicht nur inspiriert, sondern auch mit dem notwendigen Rüstzeug ausgestattet, um unsere Erschließungsarbeit auf ein neues Level zu heben. Die Herausforderungen, die vor uns liegen, sind vielfältig, doch mit den oben erwähnten Entwicklungschancen sind wir bereit, um uns fit für die Kämpfe von 2025 und darüber hinaus zu machen. Das Treffen hat auch gezeigt, wie viel geballte Kompetenzen es bei ver.di in Sachen Erschließungsarbeit inzwischen gibt und auch das macht uns zuversichtlich, dass wir in der Lage sind, den Ligaaufstieg zu schaffen.


  1. Ja, es ist möglich! ↩︎